Veröffentlicht 8. Oktober 2023.
Aktualisiert am 8. Oktober 2023 | 19:51 Uhr
Das sich tadellos verhaltende Publikum wurde durch den Richter am weiteren Verhandlungstag beschimpft und völlig grundlos als gefährlich bezeichnet und behandelt. Offenbar dreht dieser Richter am Rad. Es handelte sich jedoch größtenteils um Rentner und Hausfrauen im Gerichtssaal in Bernkastel-Kues. Ein paar mehr Menschen waren diesmal da als zuletzt. Ein womöglich eingeschleuster Provokateur wurde nach zwei Bemerkungen aus dem Sitzungssaal entfernt. Die Zuschauer quittierten diese Situation mit Schweigen. Nicht mehr. Aber der Richter kommentierte dies als Vorfall durch das gesamte “Publikum” und hetzte ungeniert pauschal gegen die abgrenzbare Bevölkerungsgruppe. Eigentlich doch genau das, was er unter anderem der Kinderärztin vorwirft, neben Beleidigung und vermeintlicher Vertraulichkeit des Wortes. Es geht übrigens unter anderem um eine persönliche Anekdote aus ihrer Kindheit bzw. ihrer Eltern über ein Erlebnis mit Juden, die in einem Telegram-Kanal steht. Die Kinderärztin durfte ohne Handschellen nicht die wenigen Meter vom Sitzungssaal zur Toilette. Begründet wurde dies durch den Richter in vorverurteilender Weise mit der angeblichen Gefährlichkeit der mit ihm im Saal anwesenden Zuschauer.
Thul muss Handschellen die wenigen Schritte vom Gerichtssaal zur Toilette tragen, weil der Richter das Saalpublikum offenbar als minderwertige Menschen betrachtet. Bildquelle SWR
Der Richter und womöglich seine Kollegen aus der Justiz wirken auch auf die weiteren Umstände von Besuchern und Interessierten ein und hassen die Personen, die die Angeklagte in den Gerichtssaal begleiten, so lässt sich vorwerfen. Oder hasst er gar das Volk, in dessen Namen er angeblich am Ende ein Urteil spricht? Ist es einem Richter nicht genehm, wenn sich die Angeklagte ordnungsgemäß auf ihre Verteidigung vorbereiten kann und ihre Menschenrechte in Anspruch nehmen will? Offenbar, um die Kommunikation zwischen der Angeklagten und ihren Besuchen zu stören und auch auf diese Weise die Verteidigung zu behindern, wurde die Kinderärztin von der JVA Koblenz nach der JVA Zweibrücken verlegt. Eine Begründung ist nicht bekannt. Mein Antrag auf das Sprechen mit der Angeklagten über Skype wurde ignoriert. Es gab keine Antwort durch die Generalstaatsanwaltschaft auf meine Anfrage. Noch nicht einmal bereits öffentlicher Sitzung vorgebrachter Prozessstoff darf die Angeklagte mit Besuchern in der JVA und ihren Telefonaten besprechen. Sogar über Prozesstermine muss die Angeklagte bei ihren Telefonaten schweigen. Besucher dürfen noch nicht einmal Schreibgerät mit in die Besucherzelle nehmen. Handys werden den Besuchern bei den Terminen vor dem Gerichtssaal abgenommen.
Der Antrag auf Haftbefreiung wurde durch den zuständigen Richter abgelehnt. Einwände dagegen waren sinnlos. Während migrantische Messerstecher in ihrem Heimaturlaub mit unklarer ärztlicher Bescheinigung den deutschen Staat aus dem Ausland heraus problemlos verhöhnen dürfen, besteht bei der Kinderärztin angeblich Fluchtgefahr.
Die beiden Anwälte stellten einen Befangenheitsantrag, nachdem sie sich Zeit erbeten hatten, um die Sitzung zu unterbrechen. Selbst der psychologische Gutachter äußerte, dass er bestimmte Aktennummern nicht finden könne. Dieser wurde übrigens noch nicht gehört, weilt aber als Zeuge auf fragwürdige Weise und womöglich ohne Mitteilung an die Angeklagte über die Gründe oder Zulässigkeit ständig im Gerichtssaal, offenbar um die Kinderärztin geistig zu begutachten. Die Aktenführung weist ein erhebliches Durcheinander auf, und trotzdem wird ein vermeintliches Beweismittel nach dem anderen ohne große Möglichkeit der Würdigung durchgepeitscht, so zumindest der Vorwurf der Verteidiger. Aber was passierte nach dem Antrag? Der Richter ließ die Sitzung erstaunlicherweise einfach fortführen. Immerhin findet der nächste Termin erst wieder am 13.10.2023 statt und nicht wie geplant am Montag, den 9. Oktober. Wohl ein anderer Richter entscheidet über den Befangenheitsantrag oder die Befangenheitsanträge. Wie das ausgeht, können wir uns vorstellen.
Der Autor dieser Zeilen fügt hinzu, dass wenn der Richter 30 Anklagepunkte erlaubt, an sich aufgrund der üblichen Vorgehensweisen und auch ausdrücklichen staatsanwaltlichen Leitlinien im Gegensatz zu diesem politischen Prozess ebenfalls eine Befangenheit des Richters zu befürchten ist. Wenn dann noch ein erwähnenswerter Teil der Anklagepunkte gleich zu Beginn des Prozesses ohne große Befassung gleich wieder fallengelassen wird, ist das kein Grund zur Freude, sondern eigentlich ebenfalls ein Grund für einen Befangenheitsantrag. Denn der Richter zeigt sich ganz offenbar voreingenommen bzw. prüft die Anklagepunkte ganz offenbar nicht vor der Anklageerhebung, wie hier zu vermuten. Die Strafprozessordnung (StPO) § 154 sieht die Teileinstellung bei mehreren Taten vor. In 101 RiStBV Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren für die Staatsanwaltschaft steht zudem etwas von “soll” und nicht nur von “kann” und von einer Anwendung “in weitem Umfang”. Aber der Richter müsste es eigentlich besser wissen als so ein juristischer Laie wie der Autor dieser Zeilen.
Und dann gab es dann da noch den Vorfall mit einer der beiden Schöffinnen, die den Sitzungssaal verließ, während der Richter referierte. Und seien es auch nur 2 Minuten gewesen. Womöglich holte sie sich etwas zu trinken. Dies ist jedoch unzulässig, monierten die beiden Verteidiger. Der komplette Prozess muss neu aufgerollt werden, forderten die Anwälte und verwiesen auf die Strafprozessordnung.
Insgesamt wirkte der Richter fremdgesteuert, der ständig auf den Staatsanwalt fixiert war, ihn um Rat suchte und ständigen Blickkontakt hielt. Aber das Gericht ist formell Herr des Verfahrens und ein Gericht entscheidet über Untersuchungshaft. In diesem Fall aber trifft dem Anschein nach die politisch weisungsgebundene Staatsanwaltschaft die Entscheidungen. Insgesamt wirkte der Richter äußerst nervös und spielte mit den Händen. Immer wieder drehte er am radrunden Ehering. Bei den Einwürfen zu den bemängelten Verfahrensfehlern gab es erhebliches Gestottere von der Kanzel und einen roten Kopf, so wurde der Redaktion berichtet. Wie genau kann man sich so einen Richter vorstellen? Leider ist in der BRD nicht erlaubt, die Verhandlung zu filmen.
Wie kann man sich den Richter am Amtsgericht Bernkastel-Kues vorstellen? Leider sind Video-Aufnahmen nicht erlaubt während der Verhandlung und selbst lediglich mitgeführte Handys verbietet der Vorsitzende in unzulässiger Weise im Gerichtssaal.
Wie geheim ist der Prozess gegen Kinderärztin Dorothea Thul am Amtsgericht Bernkastel-Kues?